Stollberger Zeitung | Dez. 21
Thalheimer Bürgerinitiative feiert ihren ersten Durchbruch
Nach vielen Diskussionen hat der Stadtrat nun beschlossen, dass die Bürgerbeiträge für den Straßenbau abgeschafft werden.
Doch es gibt noch immer Klärungsbedarf (von CHRISTOPH PENGEL)
Mehr als ein Jahr haben sie gestritten und gekämpft. Jetzt gab's Sekt: Die Thalheimer Bürger-initiative gegen den Straßenausbaubeiträge (Bisab) konnte ihren ersten Erfolg feiern: Die Gebühren sollen abgeschafft werden. Mit elf Ja· und drei Nein-Stimmen haben die Räte am Donnerstagabend beschlossen, die Satzung bald aufzuheben. "Es gehen keine Bescheide mehr raus", sagt Michael Keller, ein Sprecher der Bürgerinitiative. "Das war unser großes Ziel. Und das ist uns gelungen."
Laut Bürgermeister Nico Dittmann wird die Stadt in den nächsten Monaten die Formalien klären. Im Mai könnten die Rate die Satzung dann offiziell kippen. ,,Erst danach können wir über Rückzahlungen sprechen" , sagt Dittmann. Ob Bürger, die in der Vergangenheit am Straßenbau beteiligt wurden, Ihre Beiträge zurückverlangen können, ist noch offen. Auch das soll die Stadt demnächst prüfen.
Sicher ist jetzt schon dass nicht alle gezahlten Beiträge zurückerstattet werden. Stichtag ist der 1. Januar 2013. Bürger, die Beiträge vor diesem Tag gezahlt haben, bekommen ihr Geld nicht zurück. Andernfalls würde sich die Summe aller Rückzahlungen auf bis zu 1,2 Millionen belaufen. Das könnte sich die Stadt nicht leisten, sagt Dittmann. Fest steht auch, dass - wenn überhaupt - nur Anteile zurückgezahlt würden. Seit 2013 hat die Stadt Beiträge in Höhe von 350.000 Euro eingenommen. Davon würden maximal 115.000 Euro zurückfließen, also etwa ein Drittel. Dabei orientiert sich die Stadt an den Ergebnissen von Rechtsprozessen, die Bürger einigen Jahren mit der Stadt ausgefochten hatten.
Dittmann sagt, er könne mit dem Ergebnis leben, weist aber auch auf die Folgen fur die Zukunft hin: Fehlende Beitrage bedeuten weniger Geld. Und weniger Geld könnte weniger Straßenbau bedeuten, falls die Stadt es nicht schafft, finanzielle Zuschüsse von Bund und Land zu organisieren. Das ist die bittere Konsequenz", so Dittmann. Dabei sind in der Stadt noch viele Straßen in einem Zustand, der nach Reparaturen schreit.
Thalheim gehörte in der Region bis zuletzt aber auch zu den wenigen Kommunen, in denen die Straßenausbaubeiträge noch erhoben werden konnten. Für Michael Keller, den Sprecher der Bürgerinitiative ist es deshalb höchste Zeit, dass sich was ändert. "Jeder Euro ist zu viel", sagte er.
Stollberger Zeitung | 01.09.21
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte von Thalheim
ob eine Gemeinde attraktiv und lebendig ist, hängt neben einer einwohnerfreundlichen Verwaltung sowie vielseitiger und funktionierender Infrastruktur vor allem von den Menschen selbst ab. Ehrenamtliches Engagement in verschiedensten Bereichen ermöglicht uns erst ein ausgefülltes und lebensfrohes Miteinander. Die ehrenamtliche Tätigkeit trägt also zwangsläufig die Motivation in sich, positiv für die Gemeinschaft zu wirken. Daher haben alle Aktiven für ihre Zeit, Ideen, materielle und finanzielle Mittel und ihren persönlichen Einsatz hohen Respekt und Dank verdient. Natürlich trifft dies in besonderem Maße auf Sie als gewählte Vertreter der Bürgerschaft zu.
Vieles hat sich in unserer Stadt Thalheim in den letzten Jahren entwickelt, ist in Bewegung oder geplant. Man spürt jugendlichen Elan und Ideenreichtum. Aber auch privat wird investiert. Mit großem finanziellem Aufwand entstehen neue Wohnhäuser, werden alte Gebäude saniert und Grundstücke gepflegt. Das ist neben der Schaffung attraktiven Wohnraumes ebenfalls ein Beitrag, welchen die Eigentümer zur Verschönerung des Ortes leisten. Dazu kommen Pflege- und Räumarbeiten. Außerdem werden Grunderwerbssteuer, Grundsteuer und gegebenenfalls Schenkungssteuer und Erbschaftssteuer gezahlt. Selbst dies nutzt der Allgemeinheit. Alle diese Leistungen sind kalkulierbar und werden sicher gern erbracht. Doch eine Bedrohung ist permanent und betrifft früher oder später jeden Einwohner direkt oder indirekt - Straßenausbaubeiträge.
Sachsens Gesetze ermöglichen den Kommunen, Kosten für Straßensanierungen teilweise auf die Anwohner umzulegen. Dabei sind die Höhe der Beträge und deren Berechnungsgrundlage umstritten. Deshalb verzichten viele Gemeinden auf deren Erhebung. Sicherlich verbreitet sich zunehmend die Auffassung, dass eine womöglich historisch sinnvolle finanzielle Beteiligung von Grundstückseigentümern oft unausgewogen, unverhältnismäßig, ungerecht und nicht zeitgemäß ist. Diesbezüglich bildet in unserer Region Thalheim aber immer noch eine Insel. Während fast alle umliegenden Gemeinden ihren Einwohnern derartige Sonderabgaben ersparten gilt in Thalheim weiterhin die Jahrzehnte alte Straßenausbaubeitragssatzung, nach der in der Vergangenheit zahlreiche, selbst fünfstellige Beträge fällig wurden.
Diese ungerechte Sondersteuer zu beseitigen hat sich die " Bürgerinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge" in Thalheim als Ziel gesetzt. Bisherige Zahlungen sollen auf Antrag schrittweise zurückerstattet und künftige Beiträge nicht erhoben werden. Zu einem konstruktiven Austausch von Vorschlägen und Argumenten sind alle gewählten Vertreter der Thalheimer Bürgerschaft herzlich eingeladen, an einem Treffen mit BISAB-Vertretern und Betroffenen (am 08.09. um 17.30 Uhr im Gasthaus "Zum Deutschen Eck") teilzunehmen. (Aus organisatorischen Gründen wäre eine Rückmeldung bis zum 04.09.2021 unter bi.sab-thalheim@t-online.de wünschenswert.)
Ausgehend von der Annahme, dass alle Beteiligten das Wohl der Stadt Thai heim, also deren Bürgerinnen und Bürger, im Blick haben, sehen wir optimistisch einer Lösung dieses Problems entgegen. Zum Grad der Zufriedenheit der Einwohnerschaft tragen nicht nur die aktuellen Erfolge und Fortschritte in der Stadt bei, sondern insbesondere die Gewissheit, vor unvorhergesehenen beträchtlichen finanziellen Belastungen sicher zu sein. Als Mitglieder des Stadtrates von Thalheim haben Sie nun wiederum die Möglichkeit und Verantwortung, aus der Vergangenheit übernommene Erschwernisse aus dem Weg zu räumen und den Ort noch attraktiver zu machen.
Da etwa 90% der über 1200 von uns befragten Einwohner die Auffassung der BISAB teilen, sind wir sicher, dass Ihnen als gewählte Vertreter im Falle einer entsprechenden Entscheidung der Dank und Respekt der übergroßen Mehrheit sicher sein wird. Es ist allen bewusst, dass man jeden Cent nur einmal ausgeben kann und manche Investition dann vielleicht noch einmal auf den Prüfstand muss. Doch auch das hat vielleicht sein Gutes.
Hochachtungsvoll BISAB-Thalheim
i.A. Michael Keller, Carsten Korn, Erik Pöschmann
Hochachtungsvoll BISAB-Thalheim
i.A. Michael Keller, Carsten Korn, Erik Pöschmann
Stollberger Zeitung | 27.04.21 | Seite 9
Umstrittene Satzung: Neun von zehn Befragten sind dagegen
Eine Thalheimer Bürgerinitiative will Anwohnerbeiträge für den Straßenbau abschaffen. Bei einer Um frage haben sich 1300 Wahlberechtigte positioniert. Ein Bürgerbegehren ist aus rechtlichen Gründen aber vom Tisch. Neun von zehn befragten Thalheimern sind gegen die Satzung, die der Stadt erlaubt, Anwohner beim Straßenbau finanziell zu beteiligen. Das ist das vorläufige Ergebnis einer Umfrage, die von der Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaubeitrage (Bisab) organisiert wurde. Laut ihrem Sprecher und Mitgründer Michael Keller haben sich bislang 1300 Wahlberechtigte geäußert. 90 Prozent hätten sich gegen die Satzung ausgesprochen. Auf Listen, die in Geschäften ausliegen, wurden Namen und Unterschriften gesammelt Die Aktion soll fortgesetzt werden. Nach Angaben der Verwaltung gibt es rund 5000 Wahlberechtigte in Thalheim. Zwar haben sich Vertreter der Bisab am Donnerstag mit dem Bürgermeister und der Kämmerin im Rathaus zu einem Gespräch getroffen. Aber listen wurden nicht überreicht, deshalb will Dittmann keinen Kommentar zur Umfrage abgeben: „Ich kann das inhaltlich nicht bewerten", sagt er. Keller sagt, dass die Übergabe jederzeit nachgeholt werden könne, falls der Bürgermeister Interesse habe. Im Rathaus wurde unter anderem über die Beiträge gesprochen, mit denen die Anwohner der Lutherstraße rechnen müssen. Dort sanieren Bauarbeiter zurzeit die Fahrbahn. Im Haushalt der Stadt sind rund 600.000 Euro eingeplant. Kosten in Höhe von 30.000 Euro werden auf die Besitzer von 25 Grundstücken verteilt, allerdings nicht gleichmäßig, sondern nach verschiedenen Kriterien wie etwa der Flächengröße. Verglichen mit früheren Maßnahmen seien die Anwohnerbeiträge gering, sagt Dittmann. Michael Keller, der auch an der Lutherstraße wohnt, bestätigt das, sagt aber: „Das wird nicht immer so ausgehen wie bei uns. Außerdem ist es egal, ob ein Euro rauskommt oder 30.000. Jeder Euro ist zu viel.“
Den Gründern der Bisab war oft vorgeworfen worden, dass es ihnen nur um die Lutherstraße gehe. Keller machte nun erneut deutlich, dass die Bürgerinitiative für die Abschaffung der Satzung und damit für alle Thalheimer kämpfe. Auf den Unterschriften-Listen hätten sich sogar Bürger eingetragen, die keine Hausgrundstücke besitzen und demnach nicht und von der Satzung betroffen sind, erzählt er. Unter den Räten ist die Satzung umstritten. Zusammen mit der Verwaltung loten sie seit Monaten die rechtlichen Möglichkeiten aus. Geklärt ist bis jetzt, dass eine der diskutierten Lösungen, die Nicht-Anwendung der Satzung, keine Rolle mehr spielt.
Übrig bleiben vier Optionen, die bis zum Sommer juristisch geprüft werden.
Erstens: Die Satzung bleibt so wie sie ist.
Zweitens: Die Satzung wird für künftige Baumaßnahmen abgeschafft.
Drittens: Die Satzung wirf rückwirkend abgeschafft.
Viertens: Die Satzung wird verändert.
Dittmann zufolge werden die Räte im dritten Quartal entscheiden. „Alles ist noch offen" Vom Tisch ist jedoch die Idee eines Bürgerbegehrens. Das hatte die Bisab anfangs in Aussicht gestellt, falls der Stadtrat an der Satzung festhalten sollte. Laut sächsischer Gemeindeordnung sind Bürgerbegehren zu Kommunalabgaben aber nicht erlaubt. Dazu zählen auch Straßenausbaubeiträge. „Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinde zu bewahren", erklärt ein Sprecher des Innenministeriums.
Stollberger Zeitung | 06.04.21
Lutherstraße wird in Schuss gebracht
Ein Schuttberg prägt das Bild der Thalheimer Lutherstraße. Dort haben nun die Bauarbeiten begonnen. Die Fahrbahn wird in den nächsten Monaten von Grund auf saniert. 600.000 Euro sind im Haushalt eingeplant. Anwohner der Lutherstraße hatten vor ein paar Monaten eine Bürgerinitiative (Bisab) gegründet, um sich gegen drohende Straßenausbaubeiträge zu wehren. Die entsprechende Satzung gibt der Stadt die Möglichkeit, Anwohner beim Ausbau finanziell zu beteiligen.
Nach eigenem Bekunden kämpft die Bisab jedoch nicht nur gegen Beiträge für die Lutherstraße. Vielmehr wollen sie die Satzung komplett abschaffen, sodass kein Thalheimer mehr zur Kasse gebeten werden muss.
Die Verwaltung und die Stadträte prüfen derzeit, ob und wie die Satzung angepasst oder sogar gestrichen werden könnte. Die Bisab konnte mittlerweile mehrere hundert Haushalte als Unterstützer gewinnen.
Stollberger Zeitung | 15.03.21 | Seite 1
Bürger-Protest gegen Beiträge zum Straßenausbau
In Thalheim sorgt eine bestehende Regelung zur finanziellen Beteiligung der Einwohner an Bau und Sanierung von Verkehrswegen für Streit. Eine Initiative fordert die Abschaffung. Nicht alle sind der gleichen Ansicht. Von Jan Oechsner Thalheim - Der Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaubeitragssatzung (Bisab), Michael Keller, hat jetzt alle Thalheimer Stadträte zur jüngsten Ratssitzung um eine persönliche Stellungnahme hinsichtlich der umstrittenen Abgabe gebeten. Dies solle bis zur kommenden Ratssitzung erfolgen – oder schriftlich. Steven Oesen (Freie Wählerunion/FWU) meldete sich danach spontan zu Wort und sagte, dass sich seine Meinung nicht geändert habe, seitdem die „Freie Presse“ alle Räte dazu im Dezember vergangenen Jahres befragt hatte. Oesen damals: „Die Mehrheit bei uns lehnt die Abschaffung ab, da es aus rechtlichen Gründen Hindernisse gibt.“ Dem Bürger sei zuzumuten, einen kleinen Beitrag zur Verschönerung der Stadt und zur Steigerung der Wohnqualität zu leisten. Aber: „Die Satzung muss auch angepasst werden – Straßenbau nur mit Fördermitteln, dazu eine Beitragshöchstgrenze“, so Oesen weiter. Die meisten Räte sahen dies damals ähnlich, aber nicht alle. Oesens Fraktionskollege Gerd Kinder etwa sagte zur „Freien Presse“ unter anderem: „Die Straßenausbaubeiträge haben schon zu viel Ärger, Streit und Gerichtsverfahren zwischen Bürgern und Stadt geführt. Ich bin daher für eine Abschaffung.“ „Die Straßenausbaubeiträge haben schon zu viel Ärger geführt.“ Zudem hat Bisab-Sprecher Keller während der jüngsten Ratssitzung um ein rasches Sechs-Augen-Gespräch mit Bürgermeister Nico Dittmann zu dem Thema gebeten. Dieser sagte zu, wolle einen Termin, der möglichst in ein, zwei Wochen stattfindet, vorschlagen. Er bat noch um etwas Geduld, weil bei direkten Treffen im Rathaus Testungen aller Beteiligten Pflicht seien. Bei dem Gespräch wird wohl auch Thalheims Kämmerin Theresa Kempuß dabei sein. Bereits vor wenigen Wochen haben sich Bisab-Vertreter und Rathaus-Mitarbeiter zu einem ersten Austausch getroffen. Die Bürgerinitiative hatte sich vor wenigen Monaten gegründet und hat nach eigener Aussage mittlerweile mehr als 300 Haushalte für die Aktion gewonnen. Thalheim ist die einzige Kommune im Altkreis, die noch Gebühren für den Straßenausbau von den Anwohnern fordert. Die Satzung wurde vor Jahren als Auflage seitens der Kommunalaufsicht eingeführt, weil Thalheim auch durch Kosten hinsichtlich des Erzgebirgsbades finanziell immer wieder in eine Schieflage geraten war. Ein Argument der Bürgerinitiative ist heute, dass es Thalheim mittlerweile finanziell viel besser geht. Bildtext: Im vergangenen Jahr versammelten sich Gegner der Straßenausbaubeitragssatzung, darunter Mitglieder einer Bürgerinitiative, in Thalheim zu einer Protest-Aktion. Der Streit ist noch nicht beigelegt.
Stollberger Zeitung | 05.03.21 | Seite 9
Thalheim klotzt: Größte Investitionsliste seit Jahren
15 Millionen Euro für Straßen, Schulen, Flutschutz: So viel Geld stand schon lange nicht mehr in einem Haushaltsplan der Drei-Tannen-Stadt. Interessant sind auch viele kleine Vorhaben, die für die Bürger aber sehr wichtig sind. Von Jan Oechsner Thalheim - Wer bei Regen mal an der Haltstelle Stadtbadstraße auf den Bus gewartet hat, kennt das Dilemma: Kein Dach überm Kopf, also pitschnass. Das soll sich ändern. 11.000 Euro will die Stadt in diesem Jahr in die noch fehlende Überdachung von sechs der insgesamt 17 Bushaltestellen investieren. Eine davon ist die Stadtbadstraße. Das ist nur ein kleiner, aber für Bürger sehr wichtiger Baustein einer langen Investitionsliste innerhalb des Haushaltplanes für 2021, über den die Thalheimer Stadträte am kommenden Donnerstag beraten und abstimmen werden. 15 Millionen Euro werden aufgerufen – so viel Geld wollte Thalheim schon seit vielen Jahren nicht mehr unter die Leute bringen. „Der Plan ist, das auch umzusetzen. Ob das gelingt, hängt von der der Fördermittelsituation ab“, sagt Thalheims Bürgermeister Nico Dittmann. Die für finanzielle Zuschüsse nötigen Eigenmittel – Geld, das eine Kommune aus eigener Kraft beisteuern muss – hat die Stadt laut Haushaltsplan: etwa 4,6 Millionen Euro – jeder dritte Euro der geplanten Investitionen. Größter Brocken ist dabei das Projekt Soziale Stadt, welches das Gebiet weitläufig um die Stadtbadstraße umfasst. Dort wird in den nächsten Jahren gebaut und gebaut – die Stadtverwaltung will in dem Mammutprojekt in den nächsten Jahren zwischen 10 und 15 Millionen Euro umsetzen. Erneuert werden zum Beispiel das Waldstadion, der Festplatz, der Platz der Generationen und der Richter-Müller-Teich. Letzterer steht schon dieses Jahr im besagten Investitionsplan, wurde auch schon begonnen. Gesamtausgaben: 521.400 Euro. Die Schwerpunkte der Bauinvestitionen liegen laut Stadtangaben dieses Jahr – und in den Folgejahren – unter anderen bei der Umsetzung der Richtlinie Digitale Schulen, den Umbau des Objektes Gartenstraße zu einer Kindertagesstätte, Flutschutz und - schadensbeseitigungen sowie der Erschließung des Wohngebietes Berghausweg. Und nicht zu vergessen: der Straßenbau. Grob acht Millionen Euro sind dafür geplant, die Stadt spricht von einem Sanierungs- und Investitionsrückstau. Aber: Spätestens hier könnte das Rathaus aber in ein Abarbeitungsproblem geraten, denn die Direktive lautet: Ohne Fördergelder wird nicht gebaut. Nach aktuellen Informationen sei jedoch mit einem Fördermittel-Stopp beziehungsweise einem massiven Rückgang der Förderquote im Straßenbau zu rechnen, so Bürgermeister Nico Dittmann. Zumal auch manchmal „Wunder“ geschehen können. Dieses Wort sagt der Thalheimer Bürgermeister, wenn es um den Bahnübergang Salzstraße/Robert-Koch-Straße geht. Für 100.000 Euro soll dieser sicherer gemacht werden. Bereits 2016 hatten die Stadträte beschlossen, dass der Bahnübergang erneuert werden muss. Passiert ist seitdem allerdings noch nichts. Die Deutsche Bahn ist zuständig. Dittmann habe, so seine Aussage, noch einen verbindlichen Termin mit dem Planungsbüro. Während sich also eine Lösung abzeichnet, ist eine wegen eines undichten Dachs bei der freiwilligen Feuerwehr derzeit noch offen. 10.000 Euro soll die Nachbesserung kosten.
Stollberger Zeitung | 05.03.21 | Seite 9
Das sind die geplanten Einzelinvestitionen (in Euro) Schulen: Blockheizkraftwerk Grundschule (275.000), BHKW Oberschule (206.400), elektronisches Schließsystem Oberschule (123.000) Einrichtungen: Empore Abdeckung und Brüstung erhöhen Sportlerheim (5000), Dachinstandsetzung Feuerwehr (10.000), Rolltore Scheiben erneuern Feuerwehr (9500), Umbau Kita Gartenstraße (1 Million) Projektmaßnahme: Soziale Stadt Programm: (2.478.600), darin inbegriffen etwa Richter-Müller-Teich (521.400). Darin ist auch das Erzgebirgsbad enthalten, das aber noch nicht mit Geldsummen unterfüttert ist und wohl erst im kommenden Jahr haushaltsrelevant wird. Hochwasserschutz: Innere Bergstraße/Stützmauer I (616.000), Innere Bergstraße/Stützmauer II (40.000), Bau Ufermauer Wallstraße (230.000), Am Plan (52.000), Ersatzneubau Fußgängerbrücke (175.000), Lindenstraße Stützmauer (325.000), Lückenschluss Untere Hauptstraße (Herold) (52.000), Lückenschluss Untere Hauptstraße 7/8 (24.000), Untere Hauptstraße Stützmauer (127.500,00) Straßenbau- und ausbau: Am Plan (535.000), Anton-Günther-Straße (541.000), Ausbau Äußere Bergstraße, 4. Bauabschnitt (186.000), Ausbau Gartenstraße (205.000), Äußere Heinrichstraße (1.090.000), Bahnübergang Minkosberg (100.000) und Salzstraße/Robert-Koch-Straße (100.000), Bergstraße (200.000), Feldstraße (294.000), Grundstraße (540.000), Innere Bergstraße/befahrbarer Bereich (275.000,00), Lessingstraße (310.000), Lutherstraße (599.000), Moritzstraße Nachtrag (1500), Neue Wiesenstraße (225.000), Nordstraße (409.000), Pfarrgrundweg (335.000), Stadtbadstraße (777.000), Straßenbau Planungskosten (10.000), Ausbau Untere Hauptstraße/Teilstück Chemnitzer Straße bis Neue Wiesenstraße (1.115.000), Wiesenstraße (630.000). Sonstige: Sanierung Straßenbeleuchtung (13.000), Erschließung Wohngebiet Berghausweg (206.000), Aufforstung Kommunalwald (5000), Überdachung Bushaltestellen (11.000) |joe
Stollberger Zeitung | 20.02.21 | Seite 11
Eine Videokonferenz – und zwei verschiedene Ansichten
Die Online-Diskussion über die Thalheimer Straßenausbaubeiträge hat am Donnerstagabend zu einem minimalen Konsens geführt. Zugleich wurde deutlich, dass in einigen Punkten noch immer Unklarheit herrscht. Von Christoph Pengel Thalheim - Es ist wie nach einem Unfall: Zwei Parteien sind aneinandergeraten, und jeder erzählt eine andere Version vom Geschehen. Für einen, der nicht dabei war, ist es im Nachhinein schwer, die Wahrheit herauszufinden. Nun ist am Donnerstagabend in Thalheim niemand verletzt worden. Es gab auch keine Blechschäden, als sich Vertreter der Verwaltung und des Stadtrats per Videokonferenz mit der Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaubeiträge (Bisab) trafen. Und immerhin konnte ein minimaler Konsens erzielt werden. Aber erneut ergaben sich Widersprüche, die sich nicht vollends aufklären lassen. So erzählte Bürgermeister Nico Dittmann am Freitag, dass er sich im Vorfeld für die Teilnahme der Presse ausgesprochen hatte. Doch eine Mehrheit unter den Stadträten und den Mitarbeitern der Verwaltung sei dagegen gewesen. Beim „ersten offiziellen Kennenlernen“ habe man „ohne den Druck der Öffentlichkeit“ miteinander reden wollen. Dabei sollten auch „Unstimmigkeiten privater Natur“ aus der Welt geschafft werden. Was laut Dittmann durchaus gelungen ist. Die Bisab zeigte sich verwundert über diese Darstellung. Michael Keller und Carsten Korn, die beiden Sprecher der Initiative, sagten, dass es für sie in Ordnung gewesen wäre, wenn die Presse teilgenommen hätte. Sie seien dazu nicht befragt worden. Privates oder Zwischenmenschliches habe für sie keine Rolle gespielt. „Wir haben kein persönliches Problem mit dem Bürgermeister oder mit den Stadträten“, sagte Michael Keller. Aufseiten der Stadt wird nach wie vor Zweifel an den Zielen der Bisab gehegt. Denn Keller und Korn wohnen an der Lutherstraße, die ab dem Frühjahr saniert werden soll. Die Satzung, gegen die sie nun kämpfen, könnte dazu führen, dass sie finanzielle Verluste in Kauf nehmen müssen. In Thalheim besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass Anwohner den Ausbau von Straßen mitfinanzieren müssen. Deshalb mobilisiert die Bisab die Anwohner etlicher Straßen. Die Frage, die der Bisab immer wieder gestellt wird, lautet: Geht es ihnen ausschließlich um die Lutherstraße und damit nur um ihre persönlichen Interessen? Keller und Korn behaupten: Nein. Sie fordern die Abschaffung der Satzung. „Es geht um die ganze Stadt“, sagte Keller bereits im Dezember. Ob und wie viel Geld die Anlieger der Lutherstraße zahlen müssen, ist derzeit noch offen. Abgerechnet wird erst am Ende der Sanierung. Baustart ist im März. Bis November sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Uneinigkeit herrschte auch im Hinblick auf den Beitrag, den die Bisab zur Diskussion leistet. Stadträte und Verwaltung verlangten, dass die Bürgerinitiative nicht nur Forderungen aufstellt, sondern auch mit Argumenten unterfüttert. Die Vertreter der Bisab berufen sich auf das Gleichheitsprinzip, das ihres Erachtens durch die Satzung verletzt wird. Dass sie nun weitere Gründe liefern sollen, bezeichnen sie als irritierend. „Unsere Möglichkeiten als Bürgerinitiative sind da begrenzt“, sagte Carsten Korn. Er habe keine Anwälte im Rücken, die ihn unterstützen könnten. Und Michael Keller meint: „Das ist nicht unsere Aufgabe.“ Dittmann räumt ein, dass das Thema komplex und anspruchsvoll ist. Nicht umsonst befassen sich die Räte seit Monaten damit – bislang hinter verschlossenen Türen. Die Prüfung aller rechtlichen Möglichkeiten war letztlich auch der Konsens, auf den sich alle Teilnehmer der Konferenz einigen konnten. Mithilfe von Experten sollen verschiedene Szenarien untersucht und auf ihre rechtlichen Folgen hin abgewogen werden. Die Spanne reicht von „Die Satzung wird abgeschafft, und frühere Beitragszahler müssen entschädigt werden“ bis hin zu „Alles bleibt so, wie es ist“. Dittmann hat vor, das Thema noch in diesem Jahr zu beenden. „Die Entscheidungshoheit hat der Stadtrat“, sagt er. Die Bürgerinitiative gewinnt unterdessen ständig neue Anhänger. Anfang Februar war noch von 100 Haushalten die Rede. Am Freitag sprach Michael Keller bereits von 309 Haushalten, die die Abschaffung der Satzung fordern. Beim nächsten Treffen zwischen der Bisab und der Stadt soll die Presse dann dabei sein dürfen. Da waren sich beide Seiten einig.
Stollberger Zeitung | 15.01.21
Bürgerinitiative hält an Ziel fest
Thalheim - Vertreter der Stadtverwaltung Thalheim und der Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaubeiträge (Bisab) werden sich nun am 18. Februar um 17 Uhr treffen. Das hat Bisab-Sprecher Michael Keller am Donnerstag bestätigt. Der ursprüngliche Termin Ende Januar musste wegen der Corona-Lage verschoben werden, so hatte es Bürgermeister Nico Dittmann jüngst angekündigt. "Selbstverständlich werden wir uns die Argumente von Herrn Dittmann, warum die Stadt Thalheim an den Straßenausbaubeiträgen festhält, anhören", so Keller. Die Bisab werde aber grundlegend daran festhalten, so lange gegen die umstrittene Satzung zu kämpfen, bis sie abgeschafft sei, so Keller.
Stollberger Zeitung | 13.01.21
Straßenausbaubeiträge: Treff erst im Februar
Thalheim - Wegen der derzeitigen Corona-Beschränkungen ist das anberaumte Treffen der Stadtverwaltung Thalheim mit Vertretern der Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaubeiträge (Bisab) vorerst in den Februar verschoben. Das hat Thalheims Bürgermeister Nico Dittmann der "Freien Presse" gesagt. Ursprünglich war das Treffen für den 27. Januar geplant. "Wir wollen natürlich den Austausch, daher suchen wir rasch einen neuen Termin", betonte der Rathauschef. Ein solches Gespräch hatten Bürger auch in der vergangenen Stadtratssitzung im Dezember gefordert. Auch Dittmann warb dafür. Erst, wenn die Argumente der Stadt in Ruhe zur Kenntnis genommen worden sind, könne die Bisab entscheiden, ob sie weitermachen will.
Stollberger Zeitung | 16.12.20 | Seite 9
Lutherstraße soll saniert werden
Thalheim - Die Thalheimer Stadträte haben die Bauleistungen für den Ausbau der Lutherstraße in Höhe von 224.000 Euro an eine Chemnitzer Firma vergeben. Bei dem Projekt handelt es sich um ein Gemeinschaftsvorhaben, bei dem auch mit den entsprechenden Verbänden die Wasser- und Stromversorgung mit abgearbeitet werden sollen. Insgesamt sind 600.000 Euro eingeplant, davon 500.000 Euro an Fördergeldern. Die Maßnahme steht im besonderen Fokus, da die Stadtverwaltung wohl auch hier von den Anwohnern Straßenausbaubeiträge verlangen wird. Deshalb hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die diese Regelung generell für Thalheim abschaffen will.
Stollberger Zeitung | 12.12.20 | Seite 11
Dittmann in der Kritik
Bürgerinitiative: Thalheims Rathauschef will Treffen Thalheim - Vertreter der Bürgerinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge (BISAB) und Bürgermeister Nico Dittmann werden sich zusammen mit Stadträten in Kürze treffen. Darin sollen Argumente ausgetauscht werden. „Erst wenn wir Fakten haben, können Sie sagen, ob Sie weiter gegen die Satzung sind“, so Nico Dittmann zur Bürgerfragestunde im Stadtrat vergangenen Donnerstagabend. In der Fragestunde ging es teils hoch her. „Sie hatten sieben Jahre Zeit, die Satzung abzuschaffen“, warf BISAB-Sprecher Michael Keller dem Rathauschef vor. Andere argumentierten, dass eine solche Satzung eigentlich nur angewendet werden sollte, wenn eine Kommune finanziell in Zwangsverwaltung stünde. Dies sei für Thalheim aber nicht der Fall.
Stollberger Zeitung | 09.12.20 | Seite 9
Straßenausbaubeiträge ja oder nein – und warum? So reagieren die Entscheider im Rathaus Bürgermeister Nico Dittmann: Ich freue mich über jeden demokratischen Diskurs. Motto: „Machen statt Meckern“. Ich bitte die Bürgerinitiative aufrichtig um ein Gespräch, um alle Fakten und Sachverhalte auszutauschen. Inhaltlich berät der Stadtrat bei jeder Straßenbaumaßnahme, wie die gesamtheitliche Finanzierung gesichert werden kann, ohne Stadt und Bürger zu sehr zu belasten. Das ist oft unglaublich schwer zu beantworten. Es gibt seit 2013 die politische Maßgabe und Umsetzung, nur mit Fördermitteln zu bauen. Ziel ist immer, eine Gleichbehandlung aller Bürger. In der Fraktion der Freien Wähler – größte Gruppe im Stadtrat teilen sich die Meinungen. Steven Oesen: Die Mehrheit bei uns lehnt die Abschaffung ab, da es aus rechtlichen Gründen Hindernisse gibt. Dem Bürger ist zuzumuten, einen kleinen Beitrag zur Verschönerung der Stadt und zur Steigerung der Wohnqualität zu leisten. Aber: Die Satzung muss auch angepasst werden – Straßenbau nur mit Fördermitteln, dazu eine Beitragshöchstgrenze. Gerd Kinder: Die Straßenausbaubeiträge haben schon viel für Ärger, Streit und Gerichtsverfahren zwischen Bürgern und Stadt geführt. Ich bin daher für eine Abschaffung. In Sachsen Anhalt wurde die Satzung kürzlich vom Land komplett mit einer Stichtagsregelung aufgehoben. Ronny Braun: Die FWU hatte die Abschaffung der Beiträge im Wahlprogramm! Nach einigen Debatten war aber leider klar, dass es keine Rechtssicherheit gibt. So besteht bei Abschaffung etwa das Recht auf Rückforderung bisher geleisteter Zahlungen. Dies würde uns vermutlich seitens des Rates rasch handlungsunfähig machen. Daher plädiere ich für eine Satzungsänderung, etwa mit definierter Obergrenze pro Anrainer oder pro Grundstück einen Pauschalbetrag. Ich sehe es aber auch als Pflicht eines jeden Bürgers, ein wenig zum Gesamten beizutragen. Für die Linken im Rat Karoline Loth: Die Straßenausbaubeiträge müssen endlich abgeschafft werden. Vor allem für Ältere und Geringverdiener können solche Kosten schnell zum Armutsrisiko werden. Dabei sind Ausbau und Sanierung von Straßen klassische staatliche Aufgaben und können nicht über Gebühren finanziert werden. Zu beachten ist aber, dass trotzdem die Kommunen nicht weniger in die Infrastruktur investieren. Das Land muss daher entsprechende Bedarfszuweisungen leisten. Für die AfD-Fraktion Sylvia Vodel: Wir lehnen mit Verweis auf unser Wahlprogramm 2019 die Straßenausbaubeiträge grundsätzlich ab, plädieren rückblickend auf frühere Gepflogenheiten dafür, im Fall der Lutherstraße die Beiträge auszusetzen. Für die CDU-Fraktion Johanna Stampfer: Mit der Straßenausbaubeitragssatzung beschäftigen wir uns seit vielen Jahren und verstehen, dass besonders die betroffenen Anwohner die Abschaffung fordern. Doch das Spannungsfeld ist schwierig, viele Gesetzlichkeiten sowie haushälterische Konsequenzen sind zu bedenken. Wir sind darauf bedacht, alle Argumente und Interessen zu berücksichtigen. Es ist sehr anspruchsvoll, eine Lösung zu finden, die sowohl für die Familien, welche bereits zahlen mussten, als auch jene, die vielleicht noch dran sind, gerecht ist. Die Bürger sind herzlich eingeladen zu den Stadtratssitzungen zu kommen, in denen über dieses Thema diskutiert wird.
Stollberger Zeitung | 09.12.20 | Seite 9
„Es geht um mehr – es geht um die Stadt“
Umstrittene Straßenausbaubeiträge: Ein Thalheimer über kluges Engagement, das Verhältnis zum Rathauschef und ein ehrenvolles Angebot Thalheim - 1,1 Millionen Euro haben die Thalheimer, seit die Straßenausbaubeitragssatzung in der Drei-Tannen-Stadt erhoben wird, an die Stadt gezahlt. Damit soll nun Schluss sein, fordert eine neue Bürgerinitiative – und stellt sich gegen den Bürgermeister. Jan Oechsner sprach mit Michael Keller, einem der Sprecher der BI. Freie Presse: Mögen Sie Bürgermeister Nico Dittmann nicht? Michael Keller: Wir haben Respekt vor ihm. Er hat Thalheim nach vorn gebracht, viel für die Sportvereine getan, die Händlerschaft nicht vergessen, bei den alten Industriebrachen tut sich viel. Und beim Erzgebirgsbad hat er Haltung bewiesen. Der Stadt geht es auch finanziell wieder gut, das sagt er ja selbst. Und genau hier fordern wir von ihm jetzt wieder Haltung: Für die Straßenausbaubeitragssatzung gibt es keine Rechtfertigung mehr. Sie muss weg. Kämpfen Sie und ihre Mitstreiter dafür, weil die Lutherstraße bald dran ist und womöglich alle dort bald zahlen müssen? Oder geht es um mehr? Es geht um mehr – es geht um die gesamte Stadt. Wir sind mehr als nur die Lutherstraße. Bei uns betrifft es ja nur 13 Häuser. Es gibt aber mittlerweile über 70 Haushalte, die uns unterstützen – etwa aus der Gartenstraße, Rolandstraße, Grundstraße. Dazu erreichen uns viele Mails. Es geht darum, dass es alle anderen Kommunen richtig machen und von den Bürgern kein Geld fordern – nur bei uns ist das anders. Sollten wir in der Lutherstraße noch zahlen müssen, wären aber für immer die letzten Bürger, die die Stadt noch an den Kosten beteiligt, wäre das sogar ok. Meinen Sie das wirklich ernst? Nochmal: Uns geht es um die Stadt. Die Sie für Ihre Idee gewinnen wollen. Mit Aufmerksamkeit. Darum bemühen wir uns. Wir haben mittlerweile zwei je zwei Quadratmeter große Banner herstellen lassen – nur möglich durch die tolle Hilfe eines Grafikers aus Thalheim. Fast ein Dutzend Plakate hängt in verschiedenen Schaufenstern bei Händlern, die uns unterstützen. Bei unseren Gesprächen auf der Straße spüren wir, dass ein Großteil unser Anliegen leise mitträgt – aber nicht alle, dass muss man fairerweise sagen. Der Grundtenor ist jedoch: Es wird Zeit, dass was passiert. Sie basteln auch an einer Website. Es scheint, Sie und ihre Freunde gründen nicht zum ersten Mal eine Bürgerinitiative. Es ist gut, dass es so aussieht. Aber wir sind Anfänger. Und was machen Anfänger? Sie fragen andere, die es schon können. Denn: Viel Engagement verpufft, wenn man es nicht richtig macht. Wir haben uns gut informiert, wie eine Bürgerinitiative zu den Verantwortlichen durchdringt, aber sachlich bleibt. Wir wollen ja den Diskurs, aber eben nicht in Einzelgesprächen zu einzelnen Straßen. Wir können nur was erreichen, wenn wir viele sind, dies zeigen und ernst genommen werden. Wen haben Sie um Rat gefragt? Wir haben mit den Wettstettenern in Bayern gesprochen, die dort gegen ein Kraftwerksbau kämpfen. Zudem haben wir auch sehr lange mit Bernd Jackisch telefoniert – er koordiniert 85 Bürgerinitiativen in Niedersachsen gegen die dortige Straßenausbaubeitragssatzung. In Niedersachsen wie in etlichen anderen Bundesländern legt aber die Landesregierung fest, ob diese umstrittene Satzung eingesetzt wird oder nicht. In Sachsen entscheiden die Kommunen. Das stimmt. Aber vom Prinzip ist es das gleiche: Bürger wehren sich gegen eine Regelung, die sie ablehnen. Die Frage ist doch aber: Wie viele Bürger lehnen sie wirklich ab? Das können wir noch nicht beziffern. Denn noch versuchen wir, so viele Thalheimer wie möglich zu gewinnen. Unser Ziel ist, notfalls mit einem Bürgerbegehren weiter zu machen, dazu brauchen wir fünf Prozent aller Wahlberechtigten. Das sind für Thalheim etwa 300 Menschen. Das ist zu schaffen. Auch ein Bürgerentscheid ist nicht ausgeschlossen. Aber vielleicht ist dies auch gar nicht notwendig. Wir hoffen es zumindest. Am Donnerstag, 18.30 Uhr ist Stadtratssitzung im Veranstaltungssaal im Azurit-Pflegeheim. Da geht es auch um Sanierung und Bauvergaben für die Lutherstraße. Werden Sie dort sein? Wenn es Corona erlaubt, werden wir dort sein – aber nicht als Störer. Wir werden sachlich unsere Fragen stellen, denn es gibt ja immer eine Bürgerfragestunde. Auf die Antworten sind wir sehr gespannt.
Stollberger Zeitung | 01.12.20 | Seite 9
Bürgerinitiative gewinnt Anhänger
Thalheim - Die Thalheimer Bürgerinitiative (BI) gegen die Straßenausbaubeiträge hat in den vergangenen Wochen weitere Unterstützer gewonnen. War anfangs noch von 40 Mitgliedern die Rede, ist die Anzahl nun auf 60 Haushalte in der ganzen Stadt gewachsen. Diese Zahlen nennen Michael Keller und Carsten Korn, die Gründer der BI. Beide wohnen an der Lutherstraße, die im nächsten Jahr saniert werden soll. Ob und in welcher Höhe dabei Gebühren für die Anlieger entstehen, ist noch offen. Aber Keller und Korn sprechen laut eigenem Bekunden nicht nur für die Anwohner der Lutherstraße. Die BI fordert, dass die Satzung abgeschafft wird
Stollberger Zeitung | 20.11.20 | Seite 9
Straßenbau – Bürgerinitiative wehrt sich gegen Beiträge
Die Thalheimer Lutherstraße wird bald saniert. Laut Satzung könnten auch Anlieger zur Kasse gebeten werden. Dagegen regt sich nun Protest. von Christoph Pengel Thalheim - An den Wochenenden haben sie ihre Schaufeln in die Hand genommen. Den Teer verteilt. Und mit der Walze geplättet. Ohne Bezahlung, versteht sich. Ein freiwilliger Arbeitseinsatz. So hatte die DDR-Führung das definiert. Gut 20 Bürger bauten Ende der 1960er Jahre die Lutherstraße aus – eine Initiative des Nationalen Aufbauwerks. Friedhold Roscher, heute 80 Jahre alt, war dabei. Ein Leben lang hat er an der Lutherstraße gewohnt. Und wenn er Pech hat, muss er bald wieder eine Leistung für die Fahrbahn erbringen. Diesmal in Form von Geld. „Das ist eine Schande“ sagt er. Die Lutherstraße ist in einem schlechten Zustand, da sind sich alle einig – Anlieger, Stadträte und die Verwaltung. Laut Bürgermeister Nico Dittmann könnte die Sanierung Anfang 2021 beginnen. Streit gibt es jedoch wegen der Finanzierung. Denn in Thalheim schreibt eine Satzung vor, dass Anlieger einer Straße an den Kosten des Ausbaus beteiligt werden können. Straßenausbaubeiträge – so heißen die Gebühren. Ob und in welcher Höhe die Anlieger der Lutherstraße zahlen müssen, ist zwar noch unklar. Doch nun hat sich eine Bürgerinitiative (BI) gegründet, die das von vornherein verhindern will. Die beiden Initiatoren – Michael Keller und Carsten Korn – wohnen an der Lutherstraße. Den Protest gegen die Satzung wollen sie jedoch auf die ganze Stadt ausweiten. 200 Flyer haben sie in den vergangenen Wochen verteilt, etwa 40 Mitglieder zählen mittlerweile zur BI, darunter auch Anwohner der Robert-Koch-Straße, Wiesenstraße, Lessingstraße und Uferstraße. Die Satzung bezeichnen sie als ungerecht. „Das Schlimmste ist: Man wird dafür bestraft, dass man in Thalheim wohnt“, sagt Keller. Tatsächlich ist Thalheim in der näheren Umgebung die einzige Kommune, in der die Beiträge noch erhoben werden. Der Streit über die Satzung ist alt. Als er zuletzt aufflammte, hielt die Stadt wegen des klammen Haushalts an den Gebühren fest. In den vergangenen Jahren hat sich die finanzielle Lage Thalheims deutlich verbessert. Aber infolge der Pandemie rechnet der Bürgermeister ab dem nächsten Jahr mit sinkenden Einnahmen. Trotz allem wird im Stadtrat regelmäßig über die Ausbaubeiträge diskutiert, wenn auch nicht öffentlich. Dittmann zufolge erstellt die Verwaltung derzeit Rechtsgutachten, zusammen mit externen Fachleuten. Maik Nobis, stellvertretender Bürgermeister und Stadtrat der Freien Wähler, könnte sich vorstellen, die Satzung bei guter Haushaltslage auszusetzen – und wieder zu aktivieren, wenn sich die Situation verschlechtert. „Wir wollen, dass die Bürger nicht so belastet werden“, sagt er. Bei früheren Projekten wurden mitunter vierstellige Summen pro Anlieger berechnet. Für die Anwohner der Lutherstraße dürften die Beiträge jedoch relativ gering ausfallen, sagt Dittmann. Zwischen 550.000 und 600.000 Euro wird der Bau kosten. Die Stadt erhält Fördergeld. Geht man von 550.000 Euro aus, bliebe ein Anteil von rund 80.000 Euro, der auf Stadt und Anlieger entfällt – falls Gebühren erhoben werden. Noch sind die Planungen nicht abgeschlossen. Aber man werde den Bürgern konkrete Zahlen nennen, bevor der erste Bagger anrollt, sagt Dittmann. Die BI fordert zudem mehr Mitsprache. Keller und Korn berichten, die Anlieger der Lutherstraße seien zu wenig in die Planung einbezogen worden. Eine Kritik, die Dittmann nicht nachvollziehen kann. Seit 2019 habe es mehrere Versammlungen und auch Einzelgespräche vor Ort gegeben, sagt er. Vorschläge von Bürgern – etwa zu Parkflächen – seien in das Projekt eingeflossen. Am 10. Dezember stimmt der Stadtrat über die Bauaufträge ab. Bildtext: Michael Keller (l.) und Carsten Korn, Anwohner der Lutherstraße, haben die Bürgerinitiative gegründet. Aktuell gibt es 40 Mitglieder.Foto: Georg Dostmann Bildtext: Arbeitseinsatz in Thalheim: Ende der 1960er Jahre teerten Anlieger die Jahnsdorfer Straße. Auch Friedhold Roscher (2. v. rechts) und sein vier- oder fünfjähriger Sohn Frank (ganz rechts) packten mit an. Ähnlich wurde später die Lutherstraße erneuert.
Stollberger Zeitung | 20.11.20 | Seite 1
Bürger wehren sich gegen Satzung
Bürger wehren sich gegen Satzung Eine neue Bürgerinitiative (BI) in Thalheim fordert die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Die Stadt ist in der näheren Umgebung die einzige Kommune, in der Anlieger am Ausbau einer Straße finanziell beteiligt werden können.